Texten: So findest du den richtigen Tonfall (Leitfaden + Beispiele)

Evgeni Sereda

Mai 26, 202214 Min. Lesedauer
Texten: Wie du deinen Tonfall findest

INHALTSVERZEICHNIS

Stell dir mal folgende Situation vor. Du hast gerade deine Arbeitswoche begonnen, als du plötzlich zwei Slack-Nachrichten erhältst. Die erste ist von deinem Chef:

„Schicken Sie mir eine Einladung zum Meeting. Wir müssen reden."

Der zweite kommt von einem anderen Manager:

„Wie sieht dein Zeitplan heute aus? Lass uns mal quatschen, wenn es zeitlich passt!“

Beide Nachrichten sagen mehr oder weniger dasselbe aus. Warum also jagt dir nur die erste einen Schreck ein? Die Antwort darauf ist natürlich der Tonfall.

Was ist der Tonfall beim Schreiben?

Infografik: Der Tonfall von Texten
Unsere Infografik zeigt dir, wie du deinen Tonfall findest

Beim Schreiben oder Texten ist der Tonfall die implizite emotionale Botschaft, die dein Text an den Leser sendet. Dies geschieht über die Satzstruktur, Wortwahl, Phrasierung, Bildsprache und weitere Elemente der Sprache.

Der Nielsen Norman Group zufolge kann ein Tonfall in vier Dimensionen beschrieben und eingeordnet werden: dem Grad an Formalität, Humor, Enthusiasmus und Respekt. Doch was bedeutet das in der Praxis?

Schauen wir uns das obige Beispiel genauer an.

Abgesehen vom Offensichtlichen – der Tatsache, dass sie von deinem Chef stammt – wirkt die erste Nachricht aus folgenden Gründen bedrohlich:

  • Sie vermittelt keinen Sinn für Humor. Stattdessen ist sie als Befehl formuliert, sodass du (der Empfänger) keine Möglichkeit hast, abzulehnen.
  • Der Satz „Wir müssen reden“ wirkt ernst und sogar negativ, vor allem, weil er in der Popkultur häufig als Auftakt zu einer Trennung auftaucht.
  • Die Sätze sind knapp und erzeugen ein formelle, sachliche Stimmung.
  • Das Wort „müssen“ impliziert, dass es sich um ein ernstes Thema handelt.

Im Gegensatz dazu hat die zweite Nachricht einen optimistischeren Tonfall:

  • Sie beginnt mit einer Frage, was bedeutet, dass du bei Bedarf einen neuen Termin vereinbaren oder ablehnen kannst.
  • Da du ablehnen kannst, wirkt die Konversation weniger ernst.
  • Sie verwendet eine lockerere Ausdrucksweise, die ein Gefühl des Enthusiasmus erzeugt.
  • Durch die Verwendung von Ausdrücken wie „quatschen“ vermittelt die Nachricht eindeutig Freundlichkeit und eine positive Haltung.

In beiden Fällen ist die Botschaft dieselbe: Ein Vorgesetzter möchte mit dir einen Termin vereinbaren, um ein Gespräch zu führen. Doch die Unterschiede in der Formulierung und Wortwahl bewirken beim Leser einen dramatisch anderen Eindruck.

Warum das wichtig ist

Unterschiedliche Arten von Tonfall beim Schreiben senden unterschiedliche emotionale Botschaften an den Leser. Wenn du diesen Effekt gekonnt einsetzt, kannst du die Geschichte deiner Marke auf eine wirkungsvolle Weise erzählen, die bei den Lesern Anklang findet. Dies kann einen enormen Einfluss auf den Erfolg deiner Botschaft haben. Es hilft dem Leser, Vertrauen aufzubauen und sich auf einer tieferen Ebene mit deiner Marke verbunden zu fühlen. Deswegen ist es wichtig, Ton-of-Voice zu definieren.

Eine Umfrage ergab, dass mehr als 65 % der Befragten eine emotionale Verbindung zu mindestens einer Marke oder einem Unternehmen empfanden. 90 % dieser Verbindungen waren positiv.

So wählst du einen Tonfall für deine Marke

Selbst wenn viele verschiedene Texter für dich Inhalte erstellen, sollte deine Marke im Idealfall einen einheitlichen Tonfall durchhalten. Dieser sollte nicht nur die Geschichte und Perspektive deiner Marke widerspiegeln, sondern auch ihre Beziehung zur Zielgruppe.

Bei der Arbeit auf Markenebene gilt es übergeordnete Richtlinien festzulegen, die den idealen Ton für deine Marke als Ganzes definieren. Mit anderen Worten, es ist wie die Festlegung des Tonfalls für ein einzelnes Stück Content, nur auf einer höheren Ebene.

Vergiss dabei nicht, dass Texter den Tonfall gelegentlich modifizieren müssen, um ihn an ein bestimmtes Thema, eine bestimmte Zielgruppe, eine Veröffentlichung usw. anzupassen. Die Definition eines Markentonfalls muss dem nicht entgegenstehen. Stattdessen bietet sie eine solide Arbeitsgrundlage für deine Texter und befähigt sie, diesen Tonfall überlegt und zielgerichtet zu verwenden und zu ändern.

Und so funktioniert das:

1. Kenne deine Zielgruppe

Denke immer zuerst an deine Zielgruppe, wenn du einen Tonfall für deine Marke festlegst. Schließlich geht es bei allen deinen Produkten, Dienstleistungen und Inhalten um ihre Bedürfnisse.

An dieser Stelle kann es sinnvoll sein, eine oder mehrere Kunden- oder Käuferpersonas zu erstellen, falls du dies noch nicht erledigt hast. Personas sind personifizierte Darstellungen deiner aktuellen Kunden oder Zielkunden. Sie helfen Teams, ihre Zielgruppe besser zu verstehen und sich in sie hineinzuversetzen.

Die besten Personas stützen sich auf Daten und Recherche. Entsprechende Informationen kannst du zum Beispiel über Google Analytics, Social-Media-Analytics und Kundenanalysen gewinnen.

 Du kannst Kundendaten erheben wie:

  • Demografische und/oder berufliche Informationen
  • Probleme, die sie zu lösen versuchen
  • Ihr Kauf- und Entscheidungsverhalten
  • Ihre bevorzugten Kommunikationskanäle und Content-Typen

Und mehr! Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es geht darum, die Menschen in deiner Zielgruppe als Menschen mit echten Bedürfnissen und Leidenschaften kennenzulernen. So kannst du mit ihnen direkt und in ihrer Sprache kommunizieren. 

2. Kenne deine Perspektive

Es genügt nicht, deine Zielgruppe zu kennen. Du musst auch dich selbst kennen. Deine Marke hat eine einzigartige Perspektive. Dein Content und deine Markenerzählung sollten diese Perspektive widerspiegeln. Sie ist verwurzelt in:

  • Dem, wofür du stehst (deine Ideale, Werte und Ziele)
  • Dem, was deine Marke, Produkte und Dienstleistungen auszeichnet
  • Dem, was dein Angebot für deine Kunden wertvoll macht

Wie definierst du also deine Perspektive? Dafür gibt es leider keinen patentierten, feststehenden und schnellen Prozess, weil das ziemlich subjektiv ist. Es erfordert viel Selbstreflexion und Brainstorming.

Viele Marken – wie zum Beispiel Zappos – teilen ihre Perspektive, indem sie ihre Grundwerte auf ihrer Website veröffentlichen. Dies kann eine gute Möglichkeit sein, deiner Zielgruppe zu helfen, dich besser zu verstehen. Gleichzeitig schaffst du dadurch eine nützliche Orientierung für deine Texter.

Beispiel: Grundwerte von Zappos
Oft hilfreich: Grundwerte ausformulieren

3. Kenne deinen Content

Vielleicht hast du Ideen für den Tonfall, den du einnehmen willst. Aber wie ist der Tonfall deiner Marke im Moment?

Wahrscheinlich hat dein Publikum bereits eine Vorstellung davon, wie deine Marke klingt, auch wenn es dir (oder ihm) vielleicht gar nicht bewusst ist. Diese Vorstellung entsteht durch die Inhalte, die du bereits veröffentlicht hast, deine Werbestrategien, dein bisheriges Storytelling und andere Arten, wie du in der Vergangenheit mit der Öffentlichkeit interagiert hast.

Und so wie dein bestehender Content deinem Publikum eine Geschichte erzählt, kann er diese Geschichte auch dir erzählen – durch ein Content Audit.

Ein Audit deiner bestehenden Inhalte hilft dir, Folgendes herauszufinden:

  • Welche impliziten Botschaften du bereits sendest
  • Welche Arten von Tonfall bei deinem Publikum am besten wirken
  • Wieweit deine aktuelle Content-Bibliothek mit deinem idealen Tonfall übereinstimmt

Anschließend kannst du diese Informationen nutzen, um die besten und wirkungsvollsten Änderungen für die Zukunft in die Wege zu leiten.

Beginne damit, deine wirkungsvollsten Inhalte zu identifizieren, basierend auf den für dich wichtigsten Metriken. Stelle dir dann beim Lesen diese Fragen:

  • Wie sind diese Inhalte geschrieben? Sind sie eher ernsthaft, enthusiastisch, humorvoll oder frech? Weisen sie in dieser Hinsicht Gemeinsamkeiten auf?
  • Spiegeln diese Inhalte deine einzigartige Perspektive oder Grundwerte genau wider?
  • Gehen diese Beiträge auf die Bedürfnisse und Interessen ein, die du für deine Zielgruppe ermittelt hast?
  • Welche Inhalte scheinen am besten und welche am schlechtesten zu funktionieren?
  • Was haben diese Beiträge gemeinsam? Tonfall? Länge? Struktur? Visuelle Elemente?

Nutze deine Ergebnisse, um den Tonfall zu identifizieren, der für dich am effektivsten ist und deine Ziele am besten unterstützt. Dazu kannst du die vier Dimensionen des Tonfalls verwenden, die weiter unten ausführlicher behandelt werden.

Halte in deinem Content einen relevanten und konsistenten Tonfall durch

Die Bestimmung deines idealen Tonfalls beim Schreiben ist ein entscheidender Schritt. Es ist jedoch auch wichtig sicherzustellen, dass alle deine Content-Elemente einheitlich bleiben. Ein Tool wie der SEO Writing Assistant kann dir helfen, den idealen Tonfall für jeden Beitrag zu finden: Er identifiziert sogar Sätze, in denen dein Tonfall nicht einheitlich ist, und hilft dir, sie umzuschreiben. Leider funktioniert das bisher nur für englischsprachige Texte.

Tonfall im SEO Writing Assistant
SEO Writing Assistant hilft bei allen Aspekten der Texterstellung

Sehen wir uns nun die häufigsten Arten von Tonfall und dazu einige Realbeispiele an.

Typen und Beispiele für den Tonfall von Texten (plus Tipps zum Selbermachen)

Letztendlich wird dein idealer Tonfall nicht nur von deiner Markenidentität bestimmt, sondern auch von dem spezifischen Thema, über das du schreibst, sowie vom Ort der Veröffentlichung. Zum Beispiel würdest du einen Instagram-Beitrag wahrscheinlich ganz anders schreiben als einen für LinkedIn.

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Analyse: Oft ist der Tonfall nicht einheitlich

Doch es ist leichter gesagt als getan, einen gewählten Tonfall makellos umzusetzen. Eine Recherche mit dem SEO Writing Assistant ergab, dass 75 % aller analysierten Texte Sätze verwendeten, die für das Thema zu locker waren. Weitere 30 % verwendeten übermäßig förmliche Sätze.

Formaler vs. lockerer Tonfall

Wie oben erwähnt, hat die Nielsen Norman Group vier primäre Dimensionen identifiziert, die sich zur Beschreibung eines Tonfalls eignen. Die erste davon ist die Ebene der Formalität. Mit anderen Worten: Wie formal oder locker ist dein Schreibstil?

Ein formaler Tonfall ist meist gekennzeichnet durch:

  • Sehr korrekte Grammatik
  • Längere Sätze
  • Komplexe Formulierungen und Wortwahl
  • Wenig bis keine Umgangssprache 

Wissenschaftliche und technische Texte sind oft sehr formell, mit komplexer Terminologie und einer unpersönlichen Perspektive.

Formale Texte müssen aber nicht kompliziert sein. Viele Marken – insbesondere Luxusmarken – tendieren zu einem formellen Ton, um ihrem Marketing einen Ausdruck von Raffinesse zu verleihen. Nehmen wir dieses Beispiel von Tiffany & Co.:

Screenshot: Tiffany & Co.
Tiffany wählt einen formalen Tonfall

Charles Lewis Tiffanys Leidenschaft für den Erwerb seltener und ungewöhnlicher Edelsteine ebnete den Weg für das langjährige Vermächtnis der Entdeckung und Erforschung, das Tiffany & Co. auszeichnet, und begründete den Ruf des Unternehmens als weltbekannter Juwelier.

Tiffany’s verwendet lange Sätze sowie komplexe Formulierungen und Wortwahl, um ein Gefühl von Feierlichkeit zu erzeugen, darunter „ebnete den Weg“, „langjähriges Vermächtnis“ und „begründete den Ruf“. Wenn du in einem formelleren Tonfall schreiben willst, achte genau auf deine Grammatik. Verwende komplexere Phrasen und Sätze sowie eine anspruchsvollere Wortwahl.

Und hier ist ein ein kontrastierendes Beispiel von der Website von Steven Singer Jewellers aus Philadelphia:

Screenshot: Steven Singer Jewellers
Steven Singer ist eher im lockeren Lager

Ein Rohdiamant
Während die anderen Jungs Burger gebraten und Zeitungen ausgetragen haben, verkaufte Steven als Schüler in der Jewelers' Row in Philadelphia Schmuck im Großhandel.
Nie damit zufrieden, ein durchschnittlicher Typ zu sein, hat er am Gemological Institute of America Kurse über Diamanten, Edelsteine und Kulturperlen belegt. Schon damals war Steven der klassische Überflieger. Hasst ihr solche Typen nicht auch?

Bekannt für ihre freche Werbekampagne „I Hate Steven Singer“, zielt das Marketing des Unternehmens oft auf Männer ab, die sich in einem gehobenen Juweliergeschäft nicht unbedingt wohlfühlen. Dies zeigt sich auch auf der Seite über die Unternehmensgeschichte, wo Wörter und Sätze wie „Burger braten“ und „durchschnittlicher Typ“ vorkommen. So kommuniziert das Unternehmen Menschlichkeit und baut gleichzeitig Glaubwürdigkeit auf.

Um in einem lockeren Stil zu schreiben, verwende einfachere Sätze und Wendungen, wie sie in einem mündlichen Gespräch vorkommen. Ein einfaches Vokabular der Alltags- und auch Umgangssprache bis hin zu Szenebegriffen kann hier sinnvoll sein.

Respektvoller vs. frecher Tonfall

Die zweite Dimension, an der du dich bei der Bewertung und Beschreibung eines Tonfalls orientieren kannst, ist das Maß an Respekt, das er ausstrahlt.

Ein respektvoller Ton ist grundsätzlich einer, der keine Grenzen überschreitet und Distanz wahrt. Er fällt normalerweise nicht groß auf, sondern bestimmt im Stillen die Art und Weise, wie du deine Inhalte gestaltest. Du kannst eine respektvolle Haltung betonen, indem du deine Wertschätzung für den Leser oder Kunden demonstrierst oder deine Grundwerte betonst.

Hier ist ein Beispiel von Harry’s Razors:

Screenshot: Jeff & Andy
Der Kunde im Mittelpunkt

Ein paar Worte von Jeff & Andy, die das alles hier gestartet haben.
Wir haben Harry's vor sieben Jahren mit einer einfachen Idee gestartet: Jeder Mann verdient eine Qualitätsrasur zu einem fairen Preis. Seitdem sind wir ein gutes Stück gewachsen, aber dieses Leitprinzip hat sich nicht geändert. Heute bieten wir eine ganze Palette von Bartpflegezubehör an, das wir auf Basis des Feedbacks von Leuten wie dir entwickelt haben. Wir freuen uns, dass du da bist, und sind gespannt auf deine Meinung.

Die Sprache in diesem Beispiel wirkt auf den ersten Blick recht neutral. Der respektvolle Tonfall zeigt sich mehr in den inhaltlichen Punkten, die der Text betont. Dazu gehören ein Sinn für Gerechtigkeit („Jeder Mann verdient eine Qualitätsrasur zu einem fairen Preis“), die Leitprinzipien und die Bedeutung von Kundenfeedback für das Unternehmen. Insgesamt wird in relativ wenig Zeichen deutlich, dass der Respekt gegenüber den Kunden an erster Stelle steht.

Im Gegensatz dazu beschreibt sich Dollar Shave Club wie folgt:

Screenshot: Dollar Shave Club
Der Dollar Shave Club gibt sich frech

Etwas über den Club.
Wir haben 2011 die Rasiererbranche auf den Kopf gestellt, indem wir „verf*ckt gute Klingen“ zu einem fantastischen Preis direkt zu euch nach Hause geliefert haben. Seitdem hören wir auf die Bedürfnisse unserer Mitglieder und versorgen euch jetzt von Haar bis Fuß mit einer wachsenden Liste erstklassiger Haar- und Bartpflegeprodukte. Wir verbringen unsere Tage damit, euch dabei zu helfen, gut auszusehen, euch gut zu fühlen und gut zu riechen (gelegentlich mit Bürohund auf unserem Schoß).

Auch Dollar Shave Club betont Kundenfeedback, Qualität und Service, doch die Firmenbeschreibung ist viel frecher als die von Harry's. Sie flucht, verwendet lockere, enthusiastische Beschreibungen wie „fantastisch“ und erwähnt sogar den Bürohund. Dies erweckt den Eindruck, dass die Anbieter für jeden Spaß zu haben, auf Augenhöhe und „anders“ als andere Marken sind. 

Humorvoller vs. ernster Tonfall

Die dritte Dimension des Tonfalls ist Humor. Ist dein bevorzugter Schreibstil verspielt und lustig? Oder bist du eher geerdet und ernst?

Humor kann Menschen mitreißen. Er zeigt, dass du dich selbst nicht zu ernst nimmst, und hilft deinem Publikum, sich mit deiner Marke verbunden und wohl zu fühlen. Das macht ihn zu einer so mächtigen (und beliebten) Werbetechnik.

Er ist jedoch auch einer der am schwierigsten zu erreichenden Effekte beim Schreiben. Der Sinn für Humor kann von Mensch zu Mensch schließlich sehr unterschiedlich sein. Ein Gag, über den die eine Zielgruppe Tränen lacht, könnte die andere versteinern lassen. Wenn du dich also für einen humorvollen Tonfall entscheidest, solltest du ein gründliches Verständnis der Zielgruppe haben, die du ansprichst.

So nutzt die Marke für Herrenkosmetik Old Spice Humor in ihrem Marketing:

Screenshot: Old Spice
Alberne Wortspiele als Markenkennzeichen

Mach dich bereit für ernste Bärtigkeit
Bart shoppen

Das Wortspiel lässt sich nicht eins zu eins übersetzen – „Serious Beardness“ ist eine Anspielung auf „Serious Business“, also „ernstes Geschäft“, ein geläufiger Ausdruck. Old Spice ist dafür bekannt, Humor zu verwenden, um ein Gefühl von Männlichkeit zu vermitteln – die Marke verkauft schließlich Bartpflegeprodukte für Männer –, ohne potenzielle Kunden zu verprellen oder sich selbst zu ernst zu nehmen. Erinnerst du dich die legendären Werbespots „The Man Your Man Could Smell Like“ – der Mann, der so riecht, wie dein Mann riechen könnte?

Der Humor von Old Spice beruht oft auf albernen Wortspielen, wie oben, sowie absurder Übertreibung. So hat das Team zum Beispiel das YouTube-Video zu „The Man Your Man Could Smell Like“ beschrieben:

Screenshot: Old Spice
Hier nutzt Old Spice Selbstironie

Wir sagen nicht, dass diese Körperlotion deinen Mann riechen lässt wie einen romantischen Millionär, der gleichzeitig Kampfpilot ist, aber wir legen es nahe.

Die Naturkosmetik-Marke für Männer Oars + Alps schlägt dagegen einen ernsteren Ton an:

Screenshot: Oars + Alps
Nüchterne Vorstellung neuer Sonnenschutzmittel

NEU: Unverzichtbarer Sonnenschutz
Es war immer unsere Mission, Männer bei einer bestmöglichen Pflege ihrer Haut zu unterstützen. Sie vor der Sonne zu schützen ist einer der wichtigsten Bestandteile dieser Pflege, aber wir hatten keinen Sonnenschutz im Angebot – bis jetzt. Nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit ist unsere neue Produktlinie sauberer, qualitativ hochwertiger Sonnenschutzmittel für den aktiven, kompromisslosen Mann endlich da.

Während der Stil immer noch relativ locker ist, bleibt Oars + Alps im Text ernst und konzentriert sich auf die Firmengeschichte, Qualität, Werte und Lifestyle. So wirkt der Text fast ehrgeizig und zielt auf die Art von Person ab, die die Mitglieder der Zielgruppe sein möchten – fit, aktiv und umweltbewusst. Dieser Ansatz erstreckt sich auch auf die sozialen Medien der Marke, einschließlich benutzergenerierter Inhalte:

Screenshot: Oars + Alps
Derselbe Stil im Social-Media-Marketing

Im Unterschied zu Old Spice zeigt das Marketing von Oars + Alps, dass die Marke sich selbst ziemlich ernst nimmt. Und darum geht es. Die Texte lassen erkennen, dass die Produkte und die ethischen Werte des Herstellers im Mittelpunkt stehen. Damit sprechen sie eine Zielgruppe an, das dasselbe anstrebt.

Enthusiastischer vs. nüchterner Tonfall

Die vierte und letzte Dimension des Tonfalls ist der Grad an Enthusiasmus, den er ausdrückt. Enthusiasmus bedeutet mehr als nur freudig erregt zu sein. Er bedeutet, überschwänglich über deine Leidenschaft für das jeweilige Thema zu sprechen, egal ob positiv oder negativ. Er wird jedoch meistens im positiven Sinne verwendet, um bei der Zielgruppe Begeisterung für die Marke, das Produkt, die Dienstleistung oder das Thema zu wecken.

So zum Beispiel setzt die Bekleidungsmarke Life Is Good Enthusiasmus in ihren Texten ein:

Screenshot: Life is Good
Produktbeschreibungen, die Begeisterung ausstrahlen

Kunst auf deinem Ärmel! – Neue Shirts mit Ärmeldruck sind da.
Wieder vorrätig! – Die Hosen von Crusher-Flex sind alles, was du an unseren Shirts liebst, in Hosenform.
Hoodie-Saison! – Es ist wieder diese Jahreszeit! Halte dich auf deinen Herbstabenteuern mit unseren neuen Sweatshirts warm.

Als Marke ist Life is Good kompromisslos positiv. Deshalb setzt das Unternehmen Enthusiasmus ein, um diese Positivität zu vermitteln. Das Team verwendet jede Menge Ausrufezeichen, kräftige Farben und Schriftarten sowie eine emotionale Sprache (etwa „alles, was du liebst“ und „Herbstabenteuer“ im obigen Beispiel), um Begeisterung auszudrücken. Eine von Grund auf optimistische Marke, die ihr Herz auf der Zunge trägt.

Doch Enthusiasmus ist nicht für jede Marke das Richtige. Am anderen Ende des Spektrums bevorzugen einige einen trockeneren und sachlicheren Ton. Hier ist ein Beispiel vom Luxus-Herrenausstatter Mr. Porter:

Screenshot: Mr. Porter
High-End-Minimalismus in Wort und Bild

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Die Webtexte von Mr. Porter sind vergleichsweise wortkarg, und das Design funktioniert ähnlich. Das obige Beispiel vermeidet nicht nur Ausrufezeichen, sondern verzichtet ganz auf Satzzeichen. Der Text ist direkt und unkompliziert. Er vermeidet emotionale Phrasen und liefert nur die Fakten: dass an diesem Tag 104 neue Styles zum Verkauf stehen, viele davon vom Designer Brunello Cuccinelli.

Die Verwendung neutraler Farben und Flächen, nicht nur im Design, sondern auch in der Produktfotografie, vermittelt einen Eindruck von High-End-Minimalismus. Zusammen mit dem sachlichen Ton konzentriert sich das Design auf das Wesentliche und lässt die Produkte für sich sprechen. 

Dabei ist wichtig zu beachten, dass ein sachlicher Ton nicht minimalistisch sein muss, um effektiv zu sein. Die wichtigsten Eigenschaften eines sachlichen Tons sind ein praktischer, sachlicher Ansatz und die Vermeidung emotionaler Sprache.

Feile an deinem Tonfall und schreibe Texte, die wirken

Wenn du Inhalte erstellst, haben diese auch einen Tonfall, ob du es bewusst darauf anlegst oder nicht. Der Tonfall ist ein unvermeidlicher Aspekt des Schreibens, auch wenn er uneinheitlich oder ineffektiv ist. Indem du lernst, ihn zu nutzen, machst du deine Texte wirksamer, verbindest dich mit deinem Publikum, kultivierst Beziehungen und baust deine Marke auf.

Der beste Weg, um dein Schreibgeschick zu verbessern, ist fleißig daran zu arbeiten:

  • Lies die Inhalte deiner Kollegen und Konkurrenten
  • Finde Texte, die dich fesseln, und analysiere sie
  • Schreibe viel!
  • Suche immer nach konstruktivem Feedback

Und denke daran: Auch mit viel Erfahrung kann es schwierig sein, in einem einheitlichen Tonfall zu schreiben. Es erfordert nicht nur ein solides Verständnis dessen, was diesen Tonfall ausmacht, sondern auch eine geschärfte Aufmerksamkeit für Details beim Überarbeiten deiner Entwürfe.

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Seit 5 Jahren verantworte ich das Marketing von Semrush in den deutschsprachigen Ländern. Seit 2010 bin ich ein leidenschaftlicher SEO. Die Kombination aus SEO und Marketing setzte ich bei großen Projekten wie die Implementierung der SEO-Maßnahmen und Marketing-Prozessen bei einem großen Retailer. Dabei betreue ich auch kleine Projekte, denn auch mal Hand anzulegen, das macht mir viel Spass. Meine Erfahrung und mein Wissen teile ich gerne mit dir.
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