Durch die Corona-Krise haben viele direkt betroffene Branchen mit hohen Umsatzeinbußen zu kämpfen. Das heißt für viele Firmen das sie entweder ihr Geschäft schließen müssen, den Ausnahmezustand aussitzen (genug Kapitalreserven vorausgesetzt) oder neue Strategien entwickeln müssen, um sich vorübergehend oder vielleicht sogar langfristig dem verändernden Markt anzupassen.
Das kann sich zum Beispiel äußern indem Leistungen, die vorher rein offline erbracht wurden, auf einmal online stattfinden. Hier ist der Punkt, wo die Mitbewerberanalyse in Betracht gezogen werden sollte. (Hier ein weiterer Beispiel der Wettbewerberanalyse)
Hier ein paar konkrete Beispiele:
- Seminarangebote und Workshops in Firmen, die nun als Webinare angeboten werden
- Restaurants, die nun auf Lieferdienste umsteigen
- Ladengeschäfte, die ihre Produkte in Online-Shops anbieten
- Hotels, die nun statt Einzelzimmern für Touristen, "Away from Home"-Arbeitsräume anbieten
- Modefirmen, die jetzt statt Alltagskleidung Mundbedeckungen herstellen
- Klassische Produktionsfirmen, die nun Plexi-Schutzverglasungen fertigen
Umgekehrt profitieren nun Branchen sehr stark, die sich bereits auf das Online-Geschäft fokussiert hatten. (Online-Unterricht, Webinar-Lösungen oder Streaming-Anbieter wie Netflix, die einfach so in kurzer Zeit 15,8 Millionen neue Abonnenten gewinnen)
Branchen bzw. Firmen, die von der Krise profitieren, können sich durch Werbung nun im Markt platzieren und die Stellung festigen. Firmen, die negativ betroffen sind, müssen in den meisten Fällen ihr Geschäftsmodell überdenken oder erweitern. Fakt ist: Da niemand weiß wie lange die Situation anhält, ist Abwarten die schlechteste Option.
- Wie findet man die Online-Mitbewerber?
- Welche Datenquellen eigenen sich für die Mitbewerberanalyse?
- Welche Online-Marketing Aktivitäten der Mitbewerber analysieren?
- Wie erkenne ich neue Strategien meiner Online-Mitbewerber während der Krise?
- Kennzahlen, auf die Sie bei den Business-Lösungen besonders achten sollten
- Ergebnisse verstehen und Vorsicht bei der Interpretation
- ToDo-Liste: Welche neuen Business-Lösungen ergeben sich aus den Ergebnissen?
- Am Ball bleiben
- Über den Tellerrand bei den Business-Lösungen schauen: Mehr als nur reine Zahlen
Wie findet man die Online-Mitbewerber?
Bevor man prüfen kann, wie die eigene Branche auf die veränderte Situation reagiert, muss man sehr genau wissen, wer die direkten Mitbewerber sind um dann im Anschluss die Fragen zu stellen: Welche Maßnahmen werden dort gerade ergriffen, die vielleicht auch für mein Business von Vorteil sind? Oder entwickelt sich ein Mitbewerber vielleicht in eine ganz andere Richtung?
Die Möglichkeiten, die man hat um das herauszufinden, sind in erster Linie die Website, jegliche Online-Marketing Maßnahmen, Own-Media Channel und sonstige Öffentlichkeitsarbeit - teils händisch und teils toolbasiert.
Inspiration kann man sich dann bei den Branchengröß(t)en holen und sich hier zum Beispiel über den Market Explorer von SEMrush oder diesen Marktanalyse Tools Informationen holen. Hier lohnt sich ein Blick in die Mitbewerber der einzelnen Bereiche, Marktanalyse und auch das Marktpotential zu ermitteln.
Exemplarisch:
Oder alternativ händisch prüfen, welche direkten Mitbewerber bei der Eingabe der wichtigsten Top-Produkte und Leistungen in den Suchergebnissen und Anzeigen erscheinen.
Da es sich hier nur um Stichproben handelt macht es zusätzlich Sinn, eine Gegenprüfung der Domains über das Keyword-Gap-Tool in SEMrush zu starten. Hier sieht man, welche Überschneidungen es tatsächlich organisch und im Paid-Bereich gibt und ob es sich bei den Ergebnissen wirklich um echte Mitbewerber handelt.
Exemplarisch:
Welche Datenquellen eigenen sich für die Mitbewerberanalyse?
Sobald die Online-Mitbewerber definiert sind, geht es im nächsten Schritt darum zu erkennen, welche Anpassungen die Mitbewerber vorgenommen haben oder noch vornehmen werden, von denen das eigene Unternehmen ggf. profitieren kann. Um daraus am Ende eine Strategie abzuleiten ist es am besten die möglichen Datenquellen in verschiedene Kategorien aufzuteilen.
Webseite:
- Startseite
- allgemeine Veränderungen in Struktur & Content
Firmenkommunikation:
- Newsletter
- Pressemeldungen
- Social Media
Online-Marketing:
- Paid Media
- Organische Indexierung & Platzierungen ( SEO Konkurrenzanalyse)
Historische Daten:
- Waybackmachine
- Platzierungsveränderungen
Welche Online-Marketing Aktivitäten der Mitbewerber analysieren?
Grundsätzlich gilt: Je eher man die Daten der (nun) bekannten Online-Mitbewerber sammelt, desto besser lassen sich die Veränderungen über einen Vergleichszeitraum beurteilen.
Firmenkommunikation im Auge behalten
Im ersten Schritt sollte man jegliche Firmenkommunikation auf dem Radar haben, um im Bereich Pressemeldungen und News up to date zu sein. Für die Presseaktivitäten ist es empfehlenswert Google Alerts einzurichten, die bei jeder Aktivität der Konkurrenten anschlagen.
Als gute Unterstützung eigner sich hier auch das Brand-Monitoring Tool, auf das man in diesem Fall einen Blick werden sollte.
Richtig eingestellt, bekommt man damit auch wertvolle Informationen geliefert.
Für die News langt es, sich in die bestehenden Newsletter der Mitbewerber einzutragen, um dann in regelmäßigen Abständen aktuelle Informationen zu erhalten.
Den bereits vorhandenen (relevantesten) Social-Media-Kanälen sollte man folgen. Die Methode ist simpel, stellt aber direkt sicher, dass man bei allen aktuellen Informationen, Angeboten, neuen Produkten und Leistungen, sowie teilweise strategischen Entscheidungen immer zeitnah informiert ist.
Google MyBusiness und Facebook haben übrigens aktuell neue Funktionen bereitgestellt, bei denen Firmen direkt Ihre Covid-19 Updates veröffentlichen können. Hier kann man direkt auf den ersten Blick sehen, ob es gravierende Neuerungen gibt.
Analyse der Webseiten der Mitberwerber
Neben den passiven Informationen, die dann von Zeit zu Zeit automatisch zugestellt werden, sollte man zusätzlich die Website sehr genau im Auge behalten und eine Traffic Analyse der Wettbewerber machen. Der erste Anlaufpunkt ist hier die Startseite, und im Detail dann Veränderungen an der Struktur und den Inhalten.
Da es sich um ein sensibles Thema handelt, wird sich hier ggf. auch die Tonalität ändern. Angebote und thematische Anpassungen lassen sich dann schnell erkennen. Größere thematische Umstellungen lassen sich im Zweifel auch an Peaks in der Anzahl der indizierten Seiten erkennen.
Exemplarisch:
- Hat der Mitbewerber auf der Startseite Informationen zur aktuellen Situation veröffentlicht?
- Gibt es neue Angebote oder Landingpages, vielleicht einen Online-Shop, den er vorher nicht hatte?
- Oder hat er sogar seine komplette Seite weitergeleitet, da sich Produkte und Leistungen geändert haben oder das Geschäft geschlossen werden muss? (Ausverkauf)
All diese Fragen bekommt man beantwortet, wenn man sich die Mühe macht, händisch die Seiten zu prüfen, um neben den Resultaten der Tools auch persönliche Eindrücke mit aufzunehmen.
Angepasstes Online Marketing liefert Indizien
Hier gibt es zwei Methoden, um die aktuelle Kommunikation nach außen gezielt zu überprüfen. Zum einen die Suche nach Begriffen der Keyword-Schnittmenge seines Unternehmens und des Mitbewerbers. Gibt es hier nun angepasste Leistungen oder eine Veränderung bezogen auf die aktuelle Lage? Und dazu eine generelle Überprüfung der aktuellen Anzeigen und Platzierungen, um neue Produktbereiche und Leistungen herauszufiltern?
Ein Blick auf die Backlinks lohnt sich grundsätzlich auch, falls neue Partner die Mitbewerber verlinken.
Hierfür stellt SEMrush ein gutes Tool zur Verfügung:
Spannend ist auch ein Blick in die Facebook Werbebibliothek, wo man die Anzeigen und Kommunikation rückwirkend einsehen kann. Hier am Beispiel die Firmen VW und SKYLOTEC.
VW arbeitet hier mit einer angepassten Kommunikation: (rollendes Büro)
Die Firma SKYLOTEC bewirbt in der aktuellen Situation gezielt Produkte aus dem Health-Bereich und verkauft nun unter anderem Masken und Reinigungsmittel. Ein Trend, der sich aktuell bei vielen Firmen abzeichnet, die entweder Möglichkeiten im Einkauf haben oder ihre Produktpalette schnell flexibel anpassen können.
Der Vorher-Nachher Vergleich
Ein Blick in die Vergangenheit kann in der Analyse auch helfen. Sah die Website eines der definierten Konkurrenzseiten vor einiger Zeit noch anders aus oder hat sich das Rankingbild verändert?
Hier lohnt sich ein Blick in die Waybackmachine, sofern neuwertige Abbilder zum Vergleich vorhanden sind.
Schaut man sich die Rankings in bestimmten Zeiträumen vor Corona und danach an und stellt diese gegenüber, lassen sich evtl. auch thematische Wechsel erkennen.
Neben den Platzierungen liefern noch die Anzahl der indexierten Seiten einen Hinweis, sofern sich hier stärkere Fluktuationen ergeben.
Aus all diesen Informationen ergibt sich dann ein Gesamtbild, durch das man schon einen sehr klaren Eindruck bekommt, wie die engsten Mitbewerber bzw. die Branche auf die Situation reagieren.
Wie erkenne ich neue Strategien meiner Online-Mitbewerber während der Krise?
Eine groß angelegte Strategie erkennt man dann aus einer Mischung aller analysierten Bereiche. Kommen Faktoren zusammen wie ein deutlich häufigerer News-Anteil, große strukturelle und inhaltliche Webseiten-Veränderungen, Kampagnen, die dauerhaft neue Produkte und Leistungen bewerben, einer thematischen Verschiebung in den bestehenden Platzierungen und das über einen längeren Zeitraum, kann man durch den hohen Zeit- und Budgetinvest davon ausgehen, dass sich der Mitbewerber nicht nur kurzfristig verändert.
Um zu entscheiden, ob die neue Ausrichtung relevant für das eigene Business ist, sollte man den Markt sehr genau beobachten und kann die Aussagen mit Tools wie Google Trends unterstützen.
Hier am Beispiel „Mundschutz“ und die kurzfristigen Auswirkungen innerhalb von 3 Monaten:
Dieser positive Nachfrage-Trend wird natürlich noch weiter bestärkt durch Zwangsverpflichtungen der Regierung.
Achtung: Da es sich in diesem Fall durch die Verpflichtung um keine Nische mehr handelt, wird die Konkurrenz dementsprechend groß sein. D.h. man muss sich abheben über den Preis, über einen zusätzlichen USP des Produktes und/oder über die Markenbekanntheit. Das ist am Ende die logische Konsequenz, wenn man einem großen Markt folgt.
Kleiner unschöner Nebeneffekt: Einen Trend-Markt erkennt man auch an einer Anhäufung von Spam-Emails in diesem Bereich in seinem Posteingang.
Kennzahlen, auf die Sie bei den Business-Lösungen besonders achten sollten
Wichtiger Indikator für den eigenen Markt und die Produkte ist immer Google Trends und der eigene Such- bzw. Paid-Traffic.
- Bleiben die Anfragen stabil?
- Wo entwickeln Sie sich ggf. hin?
Entscheidet man sich tatsächlich dafür, neue Richtungen einzuschlagen, sind diese Daten ebenso interessant. Hier sollte der Trend dann entweder stabil bleiben oder sich positiv entwickeln.
Die wichtigsten Kennzahlen um die Veränderungen im Mitbewerb zu beobachten und richtige Business-Lösungen zu finden, sind dann:
- ein Blick auf dessen Kommunikationsfrequenz
- die Veränderung im Seitenumfang (Onpage) bzw. der indexierten Seiten ( Offpage-SEO)
- die Platzierungsentwicklungen, besonders im Bezug auf neue Suchbegriffe
- die Paid-Media Spendings. (Im Detail dann natürlich runter gebrochen auf Themenbereiche und Anzeigen.)
Ergebnisse verstehen und Vorsicht bei der Interpretation
Um langfristige strategischen Veränderungen der Konkurrenz richtig zu beurteilen und einzuordnen, würden wir die verschiedenen Bereiche in unterschiedliche Risikostufen sortieren, um kurzfristige/undurchdachte Business-Lösungen oder Testläufe der Mitbewerber weitestgehend auszuschließen.
Hohes Risiko
Paid-Media-Kampagnen sind für einzelne Angebote oft losgelöst und können jederzeit geändert werden und sind daher in der Beurteilung von langfristigen strategischen Business-Entscheidungen am risikoreichsten.
Mittleres Risiko
Jegliche Anpassungen auf der Webseite sind im Zweifelsfall mit einem größeren Aufwand verbunden ( SEO/neue Landingpages/strukturelle Anpassungen/neue Inhalte) und kommunizieren zusätzlich aktiv Inhalte an die Kunden nach außen.
Geringes Risiko
Newsletter und Pressemeldungen gehen direkt an die Kunden und sind auch nicht mehr ohne Weiteres zurück zu nehmen. Von daher handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um langfristig strategische Entscheidungen. Das Risiko eines Testlaufs ist hier eher gering einzustufen.
ToDo-Liste: Welche neuen Business-Lösungen ergeben sich aus den Ergebnissen?
Um zeitnah auf die Resultate zu reagieren, ist ein Team oder Netzwerk notwendig, das sich um die Umsetzung kümmern kann. Das sind im Zweifelsfall:
- ein Techniker
- ein SEO-Experte
- ein Paid-Media Spezialist
- eine Person die guten Content erstellen kann
- und eine Person für Design-Themen.
Hier sind oft Agenturen gefragt, die alles aus einer Hand bieten können. Auch wenn dieser Schritt im ersten Moment zusätzliche Kosten verursacht, ist es strategisch die bessere Option, wenn das eigene Geschäft ohne Veränderung nach und nach wegbricht. Mit diesem Team ist es möglich, professionell nach außen zu kommunizieren mit aufmerksamkeitsstarker Werbung, neuen Angeboten und sich auch langfristig neu zu positionieren.
Am Ball bleiben
Da die Situation aktuell sehr dynamisch ist, lohnt es sich, die Online-Marketing-Maßnahmen 1x pro Woche genau unter die Lupe zu nehmen, um kurzfristige Anpassungen frühzeitig mitzubekommen.
Auch sollte man abhängig vom Markt alle 1-2 Wochen einen Blick auf die Webseiten der anderen riskieren, um auffällige Änderungen direkt zu erfassen.
Neuigkeiten und Pressemeldungen landen dank Alert und Newsletter ohnehin automatisch in der Inbox, so dass alle Informationen zusammen am Ende helfen, die eigene Strategie zu erweitern um mit neuen Ideen und Maßnahmen sicher durch die Corona Krise zu kommen.
Am Ende nochmal eine Hilfstabelle zur besseren Übersicht:
Über den Tellerrand bei den Business-Lösungen schauen: Mehr als nur reine Zahlen
Was man bei all den Tools und Informationen nicht vergessen darf: All die Informationen bieten eine sehr gute Datengrundlage, aber man sollte immer für sich selbst prüfen, ob die Richtungsentscheidungen der Mitbewerber auf das eigene Business passen oder nicht.
Am Ende geht es dann mit viel Zeit und Budget um große Entscheidungen, an denen oft auch Arbeitsplätze und der Erhalt der eigenen Firma über die nächsten Jahre hängen. Mit einer gründlichen Analysen lassen sich Fehler vermeiden und neue Methoden leichter finden und adaptieren. Wichtig ist dabei immer die Performance im Auge zu behalten und ganz pragmatisch einen Vorher-Nachher Vergleich zu machen.
Gerade in Krisenzeiten gibt es darüber hinaus noch einen weiteren interessanten Aspekt: Kontakt zum Mitbewerber aufnehmen und vielleicht gemeinsam die Krise meistern, in dem man unterschiedliche Stärken kombiniert oder einfach nur Ideen austauscht, die allen helfen.
Übrigens: Wer neben der Konkurrenzanalyse schauen will, wie sich der Markt generell in diesen Zeiten generell verändert, bekommt von Google noch ein neues Tool geliefert. Dort werden Informationen zum veränderten Einkaufsverhalten anzeigt und damit ein paar frische Ideen geliefert, in welche Richtung sich der Markt entwickelt. Auch wenn das Tool bislang nur Daten für einige wenige Länder anzeigt, liefert es interessante Einblicke wohin sich der Markt entwickelt.